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  Wolfgang borchert: draußen vor der tür

Wolfgang Borchert: Draußen vor der Tür  Eine Buchbesprechung und Stellungnahme, eingereicht von Diem Christof, am 26. 3. 1999.  9. Schulstufe, AHS; Beurteilungsnote: sehr gut.  Das Buch „Draußen vor der Tür“ ist wahrscheinlich das wichtigste und bekannteste Werk des früh verstorbenen Wolfgang Borchert.

Es setzt sich aus 14 Kurzgeschichten und einem Hörspiel beziehungsweise Drama zusammen. Diese Arbeit widmet sich nur dem Hörspiel „Draußen vor der Tür“, nachdem auch das Werk im Gesamten benannt ist. Der Autor Wolfgang Borchert ist am 20. Mai 1921 in Hamburg geboren. Er wurde im 2. Weltkrieg an die Ostfront geschickt und kehrte im Jahre 1945 wieder in die Trümmer seiner Heimatstadt Hamburg zurück, chronisch fieberkrank und gebrochen.

Borchert starb im Alter von nur 26 Jahren, am 20. November 1947, an den Folgen seiner Krankheit. Er ließ in seine Werke oft eigene Erfahrungen und Erlebnisse einfließen. Bei dem Text „Draußen vor der Tür“ handelt es sich um ein dramatisches Werk, ein Hörspiel oder ein Theaterstück. Es ist gegliedert in ein Vorspiel, einen Traum und fünf Szenen. „Draußen vor der Tür“ ist ein historisches Hörspiel, dass sich aber auch mit phantastischen Elementen, wie zum Beispiel dem Traum oder verschiedenen Visionen vermischt.

Die Hauptfigur des Stückes ist Beckmann, ein junger Soldat, der aus dem Krieg zurückkehrt und alles verändert vorfindet. Entscheidende Charaktere sind aber auch ein Oberst, der jegliche Schuld, die auf seinen Schultern lastet, von sich weist, ein Kabarettdirektor, der „mutig sein möchte, aber dann doch lieber feige ist“, ein Mädchen, das Beckmann helfen will und ihn liebt, dann aber doch zu ihrem Mann zurückkehren muss und schlussendlich die Elbe, die Auffangort vieler Selbstmörder ist, einschließlich Beckmann, dann aber doch nicht alle aufnimmt. Auch der Andere spielt eine große Rolle. Beckmann kommt heim, vom Krieg. Er will zu seiner Frau, doch die hat längst einen Anderen. Völlig deprimiert und ziellos jagt er in Richtung Elbe los, er will sich ertränken, seinem tristen Dasein endgültig ein Ende machen.

Doch dann träumt er, träumt, dass ihn die Elbe ausspuckt und nicht haben will. Sogar der Tod soll ihm verweigert sein. Er erwacht, halb verfroren und ein Mädchen nimmt ihn mit zu sich nach Hause, doch dann kommt, spät in der Nacht der Freund des Mädchens aus dem Krieg zurück. Beckmann erkennt ihn. Der Freund kämpfte unter Beckmann und verlor dabei seinen Fuß. Beckmann verschwindet, weiß nicht wie er mit seiner Schuld leben soll.

Unter seiner Führung gingen über 10 Soldaten in den Tod. Er trifft den Anderen, der rät ihm zum Oberst zu gehen, dem Mann, der Beckmann die Leitung über den Soldatentrupp gab. Beckmann tut dies und will dem Oberst die Schuld, die Leitung zurückgeben. Er erzählt ihm von einem Traum, der ihn jede Nacht verfolgt, doch der Oberst verdrängt die Schuld, findet den Auftritt Beckmanns sehr witzig und sagt Beckmann, er solle mit dieser Nummer zum Kabarett gehen. Beckmann geht hin, doch der Direktor findet seine Nummer zu realistisch, zu dunkel, hat keinen Mut so etwas bei sich aufzuführen. Beckmann will wieder in die Elbe, immer und immer wieder.

Doch der Andere hält in jedesmal wieder davon ab, sagt ihm, er solle sein Leben leben, neu beginnen, doch er hat keine Kraft. Das Stück endet mit einem Traum, einer Vision, in der alle Menschen, die Beckmann kennengelernt hat, noch einmal zu ihm kommen, als würden sie sich verabschieden. „Draußen vor der Tür“ handelt nur indirekt von der Person Beckmann. Vielmehr steht Beckmann für eine ganze Generation, für die nämlich, die damals, am Ende des 2. Weltkrieges zurück nach Hause kam und alles verändert vorfand. Es ist der verzweifelte Aufschrei einer betrogenen Generation, die heim kommt und dann aber doch „draußen vor der Tür“ steht.

Das Stück ist eine expressive Anklage an die Nachkriegsgesellschaft, die so schnell vergisst, verdrängt, alle schlimmen Ereignisse ins Perfekt setzt. Da kommen Personen, meist von höherer Position, vor, die im Krieg schuldig geworden sind, doch ihrer Schuld die Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit absprechen. Sie schieben sie von sich weg, irgendwohin, auf den Feind aber auch auf die Unteren, auf die Beckmanns. Doch die wissen nicht, was sie tun sollen, mit all der Schuld, suchen Erlösung im Tod, doch finden sie auch dort nicht. Außerdem treten in diesem Text oft Gott und der Tod in Konfrontation zueinander auf. Gott als dünner, alter Mann, der Tod als fette Kreatur, die ständig rülpst.


Sie hat sich vollgefressen, täglich bringen sich so viele selbst um, doch Gott haben sie alle vergessen. Ich glaube, ein großes Anliegen des Autors ist es, dass man sich mit den entsetzlichen, unvorstellbaren, vor allem für spätere Generationen unvorstellbaren Ereignissen, wie die des 2. Weltkrieges, dem Hitlerreich immer und immer wieder aufs Neue auseinandersetzen soll. Man darf es nie als Vergangen abstempeln, denn nur so hat die Menschheit die Chance gleiche Fehler zu vermeiden. Aber auch das Umgehen mit Schuld ist Borchert sehr wichtig, vielleicht im Fall von diesem Werk noch wichtiger als der vorig besprochene Punkt. Für die Menschen ist es viel leichter die Schuld von sich zu weisen, zu sagen: „Das weiß ich gar nicht, habe nie davon gehört, ich musste doch so handeln!“.

Aber jene, die das nicht können, die sich Gedanken darüber machen, was sie getan haben, die zerbrechen daran, wenn die Anderen die Augen schließen. Dann finden sie niemanden, mit dem sie sich identifizieren können, denn die Anderen hocken ja stur auf ihrer vermeintlichen Unschuld. Und das ist sehr schade, denn genau die sensiblen, gedankenvollen Menschen sind für unsere Gesellschaft immens wichtig. Auch kommt in diesem Buch immer wieder die Person der Andere vor. Ich vermute, Borchert meint damit das Positive, Lebenslustige, das in jedem von uns haust, oft ohne dass wir es überhaupt wissen. Der Andere ist es, der Beckmann immer wieder dazu bringt, weiter zu leben.

Er will aufzeigen, dass die Lösung eines Problems nicht im Suizid liegt, denn das wäre auch wieder eine Flucht, eine Flucht mit Folgen, keine Frage, aber trotz alledem eine Flucht. Ich denke, „Draußen vor der Tür“ hat kein direktes Zielpublikum. Menschen jeden Alters sollten das Buch lesen und darüber nachdenken. Wahrscheinlich ist es aber vor allem für die Leute sehr interessant, die sich zur Zeit des Lesens ihm gleichen Alter befinden wie Beckmann. Sie erfahren dann den Unterschied zwischen dem Leben von Früher und dem Leben von Heute und auch wie verdammt früh man doch früher schon Erwachsen sein musste.

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