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  Gedichtinterpretation im sommer

Kirsch, Sarah (1935) Im Sommer Dünnbesiedelt das Land. Trotz riesigen Feldern und Maschinen Liegen die Dörfer schläfrig In Buchsbaumgärten; die Katzen Trifft selten ein Steinwurf. Im August fallen Sterne. Im September bläst man die Jagd an. Noch fliegt die Graugans, spaziert der Storch Durch unvergiftete Wiesen. Ach, die Wolken Wie Berge fliegen sie über die Wälder.

Wenn man hier keine Zeitung hält Ist die Welt in Ordnung. In Pflaumenmuskesseln Spiegelt sich schön das eigne Gesicht und Feuerrot leuchten die Felder. (Aus: Rückenwind, Ebenhausen 1976) Danke an (Seniorin) Gabriela In ihrem, der Epoche des Realismus zugeordentem Gedicht „Im Sommer“, das aus vier Strophen mit jeweils fünf Versen besteht, beschreibt Sarah Kirsch die Erinnerungen, die sie an ihre ostdeutsche Heimat, welche sie 1977 verlassen mußte, hat. Jedoch wird dem Leser nicht gleich zu Beginn mitgeteilt, daß es sich bei der geschilderten, von bäuerlicher Einfachheit geprägten, friedlichen Koexistenz von Natur und Mensch, nicht um den gegenwärtig vorherrschenden Zustand, sondern um ein andachtsvolles Gedenken des Vergangenen, handelt. Die Beziehung des Menschen zu seiner landschaftlich Umgebung, einer unberührten Tier -und Pflanzenwelt ,hat auch Theodor Storm in seinem vierstrophigen und ebenfalls realistischen Gedicht „Abseits“ motivisch verarbeitet, wobei er allerdings seine gegenwärtigen Empfindungen schildert, über die er sich zudem wesentlich detailbezogener äußert. Bereits durch die von ihr verwendete äußere Form macht Sarah Kirsch dem Leser die vorherrschenden schmucklosen Lebensumstände deutlich, da sie, im Gegensatz zu Storm, völlig auf ein Reimschema verzichtet.

Auch die ersten Zeilen, welche die, vom nüchternen Titel geweckte Erwartungen, eines harmonischen, von der Hast der modernen Zeit verschont gebliebenen Landschsftsbildes, zu erfüllen scheinen; lediglich die „riesigen Felder und Maschinen“ könnten ein Hinweis auf die großen Agrar-Betriebe ihrer Heimat, der DDR, sein. So ist es für die Autorin vorrangig wichtig, einen Eindruck von der imposanten Weite der Felder und dem einträchtigen Zusammenleben der Menschen zu vermitteln, wohingegen Storm vor allem daran gelegen ist, die Stille und entspannende Ruhe seiner heimatlichen Umgebung in den Vordergrund zu stellen. Mit der Personifikation „liegen die Dörfer schläfrig“ gerät Kirsch ins Schwelgen, aus einer einfachen, bildhaften Erinnerung entwickelt sich ein tief emotionales Zurükblicken, das jedoch nicht von Dauer ist, denn der Neologismus „Buchsbaumgärten“ könnte, dadurch, daß er hier im Plural verwendet wird, eine leise Kritik an der vorherrschenden Einheitlichkeit sein, die trotz der Abgeschiedenheit in das Leben jedes einzelnen vorgedrungen ist. Gänzlich anders setzt Storm seine peronifizierente Wortneuschöpfung „Mittagssonnenstrahle“ ein, denn diese hat, wie auch der ebenfalls träumerische Ausdruck „rosaroter Schimmer“, der noch zusätzlich durch ein Enjambement betont wird, die Aufgabe, die Schönheit der Natur und deren harmonische Atmosphäre zu unterstreichen. Mittels eines Enjambements wird in dem Gedicht „Im Sommer“ die fünfte Zeile in besonderem Maße betont, in diese bäuerliche Scheinidylle passen „Katzen“ aufgrund ihrer Gutgläubigkeit und der , ihnen oft zugesprochenen Naivität besonders gut, was auch durch die Aussage „selten trifft sie ein Steinwurf“ nochmals zusätzlich unterstreicht, denn in dieser heilen Welt, in der die Menschen leben, nimmt niemend heranschleichendes Unheil war, von den wirklichen Problemen, die die Gesellschaft beschäftigen, bemerkt keiner etwas. Doch auch die Autorin selbst beginnt bei dem Gedanken an diese malerische Landschaft zu schwärmen, so daß sie das fallende Laub der Bäume mit leuchtenden Sternen assoziert, gleichzeitig deutet sie durch diesen Parallelismus aber auch eine gewisse Ignoranz der Bevölkerung an, die sich, geblendet vom scheinbaren Einklang, in dem sie leben, darüber hinwegtäuschen lassen, daß ihr friedliches Dasein ernsthaft bedroht ist.

Die Konsequenz dessen wird in der Mitte der dritten Strophe offenbar, das vorangestellte „noch“ enthüllt nun dem Leser, daß die vorangegangenen Schilderungen bereits der Vergangenheit angehören, die Gegenwart bietet keine Chance zum Umdenken mehr, da in ihr die nätürliche Schönheit und Harmonie nicht mehr existieren, was im Geicht noch zusätzlich durch einen Zeilensprung hervorgehoben wurde. Da auch Kirsch selbst den Gedanken daran, daß die Realität nun eine andere ist, nicht ertragen kann, flüchtet sie sich wieder in ihre Erinnerungen, in denen die Natur immer noch ihre ursprüngliche Macht besitzt, so daß sie Wolken hervorbringen kann, die so imposant erscheinen, daß sie Kirsch an gewaltige Berge erinnern. Storm hingegen hat keine nostalgische Träumerei nötig, da das, was er bechreibt, die volle Schönheit der ihn umgebenden Tier -und Pflanzenwelt noch immer der Realität entspricht, um dies hervorzuheben verwendet er auch Enjambements, die damit einen gänzlich anderen Zweck als die im Gedicht „Im Sommer“ vorkommenden Zeilensprünge dienen. Ein weiterer Gegensatz besteht ebenalls darin, daß er die jetzige Zeit zwar auch mit dem Vergangenen, wie „alten Gräbermalen“ und „einem halb verfallen niedrig Haus“ in Verbindung bringt, sie für ihne jedoch keinen Kontrast, sondern eine Einheit bilden. Seine heile Welt, in der Mensch zwar von der Natur profitiert, sie aber gleichzeitig auch mit all ihren kleinen Eigenheiten wie „Laufkäfern“ und „Bienen“ schätzt und achtet und von ihnen fasziniert ist, sieht Storm auch keiner Bedrohung ausgesetzt, die Idylle, die durch die Verdoppelung „Zweig um Zweig“ einen fast liedhaften Charakter erhält, ist nicht nur vorgetäuscht, sondern real. Bei Kirsch hingegen kann die Sorglosigkeit nur dadurch aufrecht erhalten werden, daß mn sich gegen negative Einflüsse abzuschotten versucht: „Wenn man hier keine Zeitung hält, ist dei Welt in Ordnung“, um also das Gefühl des idyllischen Lebens zu bewahren, werden Warnungen, die auf gesellschaftliche Misstände aufmerksam machen, nicht wahrgenommen oder ignoriert, denn obwohl die Felder „feuerrot leuchten“ und damit eine heranziehende Gefahr verkünden, wobei speziell die Farbe rot als Anspielung auf den in ihrer Heimat vorherrschenden Sozialismus verstanden werden kann, scheint sich niemand dafür zu interressieren.


Die Autorin stellt dies zusätzlich durch ein Enjambement in den Vordergrund, denn anders als in Storms Gedicht, in dem die träumerische Abgeschiedenheit, wie schon der Titel sagt, abseits vom Lärm der Moderne, die Menschen verbindet, bringt Kirsch die in der Gesellschaftt vorherrschende Egozentrik und Ichbezogenheit, die sie dafür verantwortlich macht, daß das idyllische Bild das sie immernoch von ihrer früherern Heimat hat, nun der Vergangenheit angehört, durch ihre Formulierung „spiegelt sich schön das eigene Gesicht“ zum Ausdruck. So beschreiben zwar beide Gedichte das einfache, bäuerliche Leben der Menschen in einer abgeschieden gelegenen und von der Hekrik der „aufgeregten Zeit“ verschont gebliebenen Dorflandschaft, unterscheiden sich jedoch grundlegend in ihrer Sicht auf den zeitlichen Wandel, denn während Sarah Kirsch fast ausschließlich Erinnerungen an das Vergangene schildert, da die Gegenwart, die sie erlebt, keinerlei Harmonie und Idylle mehr beinhaltet, bilden für Storm beide Zeiten eine Einheit, für ihn blieb die natürliche Schönheit der geschilderten Tier -und Pflanzenwelt bis zum heutigen Tag erhalten und hat nichts von ihrer Attraktivität verlohren.

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