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  Prometheus - interpretation

  Johann Wolfgang Goethe: Prometheus (1774) Interpretation Goethes Prometheus greift aus der Sage genau jenen Aspekt heraus, der es am meisten als Gedicht des Sturm und Drang kennzeichnet: die Auflehnung des Helden gegen die (scheinbare) Obrigkeit, sein Kampf um Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung. Prometheus, seiner Herkunft nach selbst halb Gott, halb Mensch, ist seiner Gesinnung nach einzig und allein Mensch, ein Rebell gegen die ihn beherrschen wollende Obrigkeit. Nicht resignativ, nicht grüblerisch oder nachdenklich, sondern aufmüpfig und aktiv ist er der wahre Schöpfer des Menschen. Prometheus ist ein Rollengedicht: Der Halbgott Prometheus, das lyrische Ich, wendet sich direkt an Zeus. Damit ist die Sprechsituation nur scheinbar monologisch, denn sein - freilich unbeteiligter - Gesprächspartner ist gewissermaßen immer präsent, und sei es auch nur in Prometheus' Vorstellung, was aus dem Text nicht klar wird. Das Gedicht beginnt mit einem Imperativ, der die eigentlich zu erwartende Hierarchie auf den Kopf stellt und den obersten der Götter zum Befehlsempfänger degradiert.

Es geht Prometheus jedoch nicht um die Herrschaft über die Götter, sondern er betont lediglich die Unabhängigkeit der Menschen. Die menschliche und die göttliche Sphäre werden gleich in der ersten Strophe scharf voneinander geschieden ("deinen Himmel", V. 1 - "meine Erde", V. 6). Dabei werden beide Sphären verschieden bewertet: Während Zeus einem großen Kind gleicht, das seine Fähigkeiten im Spiel noch üben muß, ist Prometheus stolz auf seine "Hütte" und seinen "Herd", um dessen Glut Zeus ihn beneidet (vgl. V.

8-11). Diese stark gezeichnete Polarität beider Seiten findet sprachlich auch in der überaus häufigen Verwendung von Personal-, Reflexiv- und Possessivpronomina ihren Ausdruck. Der zweiten Person, die viermal auftaucht, steht die fünfmalige Verwendung der ersten Person gegenüber, und es ist auch bezeichnend, daß das Possessivpronomen nur einmal in bezug auf Zeus auftaucht (V. 1), dreimal dagegen in bezug auf Prometheus (V. 6, 8, 9). Diesen Beobachtungen am Text sollte eine szenische Darstellung Rechnung tragen - wie dies im Einzelfall realisiert wird, ist nebensächlich.

Geht man davon aus, daß die Abgrenzung der Sphären das grundlegende Gestaltungsprinzip des Gedichtes und sein eigentliches Thema ist, so läßt sich dieser Aspekt nun leitmotivartig im ganzen Gedicht verfolgen. Die zweite Strophe thematisiert die Abhängigkeit der Götter - es geht also nicht nur um die Person des Zeus - von den Menschen. Sie nähren ihre "Majestät" "kümmerlich/ Von Opfersteuern und Gebetshauch" (V. 14-17), das heißt, sie sind nicht für sich und aus sich allein, ihr Ansehen, ja geradezu ihre ganze Existenz ("darbtet", V. 18), steht und fällt mit ihrer Akzeptanz durch die Menschen. Und damit ist es schlecht genug bestellt, denn nur "Kinder und Bettler" sind "Hoffnungsvolle Toren" (V.

19f.), die an die Götter glauben: Die einen tun es, weil sie es in ihrer kindlichen Naivität und Unerfahrenheit nicht besser wissen, die andern, weil sie nichts zu verlieren haben und nichts tun können als hoffen. In der dritten Strophe wird der letzte Gedanke aufgegriffen und präzisiert: "Da ich ein Kind war". Jetzt wird die Abkehr des Sprechers von den Göttern erläutert; sie ist die Folge seiner Erfahrung, daß die Götter nicht nur nichts für die Menschen tun wollen, sondern offensichtlich nicht einmal die Möglichkeit und die Macht haben, einzugreifen. Schon in der zweiten Strophe werden die Götter "Unter der Sonn" (V. 13) angesiedelt, und diese Aussage wird hier präzisiert: Als Kind ging Prometheus davon aus, daß über der Sonne "Ein Ohr, zu hören [seine] Klage,/ Ein Herz wie [seins] sei (V.

25-26). Diese Annahme erweist sich als Irrtum (vgl. V. 23: "verirrtes Auge"), das menschliche Herz ist dem göttlichen überlegen, denn dieses konnte die den menschlichen Maßstäben entsprungene Erwartung nicht erfüllen: das menschliche Herz kennt "Erbarmen" (vgl. V. 27) mit den "Bedrängten" (V.

27), das göttliche offenbar nicht. Diese Erkenntnis des Prometheus kommt nun allein durch seine subjektive Erfahrung zustande, und nicht etwa durch Philosophie oder durch Aussagen anderer. Der Mensch erfährt die Götter als unwichtig, denn er selbst hat all das, was sie auszeichnen sollte, in sich: Sein "Heilig glühend Herz" (V. 33) rettet ihn und macht ihn erst richtig zum Menschen. Das "Glühen" dieses Herzens - Symbol für seine Lebendigkeit und Gefühlstiefe - ist es, was die Rettung bringt, und es ist selbst "heilig" (V. 33), ersetzt also die Götter völlig.

Wie wichtig dieser Begriff des "Glühens" für Goethe war, zeigt sich im übrigen auch daran, daß er einmal als Adjektiv auftaucht (V. 33) und einmal als Verb (V. 34), wobei es hier transitiv verwendet wird, was seine potentielle Wirkung auf die Umgebung zeigt. Zusätzlich taucht noch das Substantiv "Glut" auf (V. 10), das in diesem Zusammenhang noch eine weitere Bedeutungsnuance erhält und das Defizit des Zeus verdeutlicht, der eben die Komponente des Gefühls neidvoll vermißt. Der Fehler des Prometheus, so sein auf sich selbst bezogenes Fazit, bestand darin, "Dem Schlafenden da droben" (V.


36) in kindlicher Einfalt für etwas zu danken, das aus ihm selber kam. Nun aber hat er gelernt, daß er Zeus nicht zu ehren braucht, weil dieser sich nicht um die Menschen kümmert: "Ich dich ehren? Wofür?" (V. 37) In drei weiteren rhetorischen Fragen wird nicht nur gezeigt, daß Zeus den Menschen nichts helfen kann, denn er ist - wie sie auch - der Zeit und dem Schicksal unterworfen (vgl. V. 43-45). Aus alledem wird nun in Strophe fünf die Konsequenz gezogen: In dieser Erkenntnis nimmt der Mensch auch Fehlschläge und Mißerfolge hin, ohne sich in seiner Not an Zeus zu wenden, denn das Leben umfaßt eben auch die negativen Seiten ("nicht alle Blütenträume reiften").

Die letzte Strophe beginnt mit einer Inversion ("Hier sitz ich"), die die räumliche Distanz und die Einteilung der beiden Sphären noch einmal scharf umreißt und damit zusammen mit der ersten Strophe einen formalen Rahmen bildet. Prometheus formt "Menschen nach [seinem] Bilde" (V. 52), das heißt, der echte Mensch ist ebenso schöpferisch, ebenso selbständig und ebenso kritisch all jenen gegenüber, die ihn in Abhängigkeit halten wollen, wie Prometheus. Ein markantes "Wie ich" bildet die letzte Zeile des Gedichts, das nicht durch Zufall mit dem Personalpronomen "ich" endet. Diese im ganzen Gedicht postulierte Unabhängigkeit des Menschen zeigt sich auch in der formalen und sprachlichen Gestaltung des Gedichts. So entsprechen weder die freien Rhythmen der damaligen Norm noch die ungleiche Zeilenzahl der Strophen noch die z.

T. elliptischen Sätze ("Ich dich ehren? Wofür?", V. 37) oder die Wortneuschöpfungen, wie sie in verschiedenen Komposita auftauchen: "Blütenträume" oder "Rettungsdank". Hier werden mehrere plötzlich auftauchende gedankliche Vorstellungen simultan sprachlich umgesetzt, so daß sie nur assoziativ zu erfassen, nicht aber rational zu verstehen sind. Selbst der Prozeß der Rezeption von Literatur ereignet sich also im gefühlsmäßigen Bereich, wodurch eine Übereinstimmung zwischen Textaussage und Lesermeinung intendiert ist.

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