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  Johann wolfgang von goethe: warum gabst du uns die tiefen blicke (interpretation)

12 Deutsch, Klausur Nr. 4, 10.06.2003 Text: Johann Wolfgang von Goethe: Warum gabst du uns die tiefen Blicke Aufgabenstellung: Interpretiere das Gedicht von Goethe! Gehe hierzu zunächst auf formale Aspekte ein, bevor du zu einer inhaltlichen Interpretation kommst! Das Gedicht „Warum gabst du uns die tiefen Blicke“ von Goethe ist ein Erlebnisgedicht, das heißt, Goethe schildert hier eigene Gefühle bzw. Erfahrungen. Das Gedicht gliedert sich in fünf Strophen.

Strophe eins, drei und fünf bestehen aus je acht Versen, Strophe zwei besteht aus zwölf, Strophe vier aus sechzehn Versen. Das Versmaß ist ein fünfhebiger Trochäus, wobei die Verse abwechselnd mit einer weiblichen oder einer männlichen Kadenz enden. Goethe verwendet in diesem Gedicht das Kreuzreimschema, in Strophe eins z.B. a-b-a-b-c-d-c-d. Man findet sowohl Endreime als auch unreine Reime, wie z.

B. „Blicke-Erdenglücke“ in Strophe eins, Vers eins und drei. Vom Reimschema her gehören immer vier Verse zusammen. Allerdings kann man diese vier zusammengehörigen Verse nicht als einzelne Strophen ansehen, da es teilweise Enjambements über diese vier Verse hinaus gibt, wie z.B. in Strophe zwei, in der die ersten sechs Verse je eine syntaktische Sinneinheit bilden.

Goethe verwendet auch einige Wort- und Satzfiguren. In den Zeilen 20 und 21 findet man einen Chiasmus, in den Zeilen 22 und 23 eine Anapher und in Zeile 54 ein Oxymoron “Dämmernd ist um uns der hellste Tag“, Z.54). In Goethes Gedicht geht es um seine unerfüllte Liebe zu der verheirateten Charlotte von Stein. In der ersten Strophe stellt Goethe dem Schicksal die Frage, warum es ihm und Charlotte die Fähigkeit gab, sich so sehr zu lieben und zu verstehen, aber gleichzeitig die Einsicht, dass diese Liebe zueinander niemals ihre Erfüllung finden wird. Während er in dieser Strophe noch mit dem Schicksal redet, wendet er sich in der zweiten Strophe, nach einem kurzen Monolog, Charlotte selbst zu.

Erst behauptet er, dass viele Menschen ihre eigenen Gefühle nicht kennen und aufgrund dessen sehr leicht ihren Gefühlszustand änderten. Sie gäben sich sowohl der Hoffnungslosigkeit und dem Schmerz, als auch den „schnellen Freuden“ (Z.14) einfach hin, ohne sich selbst zu verstehen. Dann stellt er fest, dass sie beide niemals ihr gemeinsames Glück finden würden. In der dritten Strophe geht Goethe nochmals darauf ein, dass er und Charlotte sich zwar einem Traum hingeben könnten, dass die Ahndung, dass der Traum niemals in Erfüllung gehen wird, jedoch mit jedem Zusammensein bestätigt würde. Auch sagt er, dass Charlotte in früherem Leben entweder seine Schwester oder seine Frau gewesen sei.

In der vierten Strophe erklärt Goethe seiner Angebeteten, wie sie auf ihn wirkt und wie gut sie ihn kennt. Obwohl er normalerweise schwer zu durchschauen sei, habe sie das „mit einem Blicke“ geschafft. Auch habe sie ihn, als er wohl ziemlich am Ende war, wieder aufgerichtet und sein „brausend Blut“, nur durch ihre alleinige Anwesenheit. In der letzten Strophe wird deutlich, dass dieses Glücksgefühl, dass er hatte, wenn „er dankbar ihr zu Füßen lag“ wohl Vergangenheit ist, denn es ist Goethe nur noch Erinnerung. Den neuen Zustand, in dem er sich befindet, nennt er „Schmerz“, also die Einsicht, dass er Charlotte nie so nah sein wird, wie er es sich wünscht. Jedoch fügt er noch an, dass weder er noch Charlotte sich verändern werden, trotz der Qual, die das Schicksal den beiden auferlegte.

Das vorliegende Gedicht ist aus dem Jahr 1776, ist also aus der Vorklassik. Ein wenig erinnert mich die Situation, in der Goethe das Gedicht geschrieben hat, an die Dichter des Minnesangs und zwar die, der hohen Minne. Der Minnesang, der im Mittelalter ein höfischer Brauch war, wurde von den Rittern betrieben. Die niedere Minne befasste sich mit erreichbaren Frauen und spricht eher von körperlicher, erfüllter Liebe. Die hohe Minne ist, im Gegensatz dazu, eine Form des Anbetens einer unerreichbaren Frau. Einfache Ritter priesen in ihren Gedichten die adligen Damen, meist Gemahlinnen ihres Herrn, jedoch immer in dem Wissen, dass ihre Liebe nie die erwünschte Erfüllung finden wird.

Auch Goethe ist in einer ähnlichen Situation. Er betet eine Frau an, die er über alles liebt und verehrt, weiß aber gleichzeitig ganz genau, dass sie niemals SEINE Frau sein wird, da sie ja bereits verheiratet ist. Irgendwie gefällt ihm diese Form der platonischen Liebe, wie er sie mit Charlotte hat, denn er verurteilt ja die „schnellen Freuden“ der Menschen, die eigentlich gar nicht wissen, was in ihrem Herzen vorgeht. Er hebt seine Liebe zu Charlotte auf ein höheres Podest; die der anderen Menschen verachtet er und empfindet es als ungerecht, dass ausgerechnet er niemals die erfüllte Liebe zu Charlotte erleben wird. Den Gegensatz zwischen „Traumglück“ und „Traumgefahr“ finde ich sehr interessant. Zum einen empfindet es Goethe als wunderschön, sich seinen Träumen Charlotte betreffend einfach hinzugeben.


In gewissem Maße erlebt man ja Träume und sie können unheimlich schön und erfüllend sein. Zum andern weiß er aber, dass es auch gefährlich sein kann, sich so in einem Traum zu verlieren. Denn wenn man den Bezug zur Realität verliert, sei es auch nur für kurze Zeit, trifft es einen umso härter, wenn man dann auf einmal realisieren muss, dass man nur geträumt hat und die Wirklichkeit ganz anders aussieht, als man sie sich idealerweise vorgestellt hat. Ich denke, dass Goethe sich ein wenig in seinem Traum verloren hatte, jetzt aber den Weg zurück in die Realität gefunden hat, denn er spricht ja ständig davon, dass er sich durchaus bewusst darüber ist, dass sein Traum niemals Wirklichkeit sein wird. Vielleicht hat Charlotte sich ja auch ein wenig von ihm abgewandt, denn die vierte Strophe, in der Goethe ja von seiner Beziehung zu Charlotte spricht, ist komplett in der Vergangenheit geschrieben. Ich kann mir vorstellen, dass Charlottes Ehemann die Annäherungsversuche Goethes nicht gern gesehen hat, oder vielleicht ist es ihr ja auch selbst zu viel geworden (ähnlich wie Goethe dies ja in „Die Leiden des jungen Werther“ thematisiert), jedenfalls bleibt ihm nur noch „ein Erinnern“.

Sein „ungewisses Herz“ weist darauf hin, dass Goethe momentan wohl weder ein noch aus weiß. Die Sinnlosigkeit seiner Liebe zu Charlotte hat er wohl begriffen, aber: Was soll er jetzt tun? Ich denke, dass jeder, der schon mal in einer solchen Situation war gut nachvollziehen kann, wie so ein ungewisses Herz aussieht und sich anfühlt. Man spürt eigentlich nur noch Leere und Hoffnungslosigkeit und hat das Gefühl, dass es nie wieder anders sein wird, dass man keinen Ausweg aus der Situation finden wird. Was mich ein wenig wundert, ist, dass Goethe sagt, Charlotte sei in der Vergangenheit entweder seine Schwester oder seine Frau gewesen. Wenn er sie ansieht, wie eine Schwester, müsste er doch eigentlich mit der bestehenden Situation zufrieden sein. Eine Schwester liebt man –wenn- auf platonische Art und Weise.

Aber vielleicht meint er ja auch, dass er Charlotte gerne so nah wäre, wie einer Schwester, das weist wieder darauf hin, dass sie sich von ihm abgewandt haben könnte. Aber auf keinen Fall hat man bei einer Schwester das Bedürfnis nach einer körperlichen Liebe. Deswegen verwirrt mich dieser Vers ein wenig, denn ich gehe stark davon aus, dass Goethe sich auch körperlichen Kontakt mit Charlotte wünscht. Ich denke, dass Goethe dieses Gedicht mit der Intention geschrieben hat, Charlotte über seine Gefühle auf dem Laufenden zu halten und vielleicht um mit dem Schmerz der unglücklichen Liebe nicht allein sein zu müssen. In der letzten Strophe wird deutlich, dass Charlotte wohl eigentlich auch nicht abgeneigt war, denn Goethe schreibt in der „Wir“- Form („Dämmernd ist um UNS der hellste Tag“). Wenn Charlotte nicht allzu glücklich verheiratet gewesen ist, war sie vielleicht wirklich froh, jemanden wie Goethe zu haben, war aber durch ihre Ehe bereits gebunden und entweder nicht bereit, oder nicht fähig, diese Beziehung zu beenden.

So kam es dazu, dass Goethe - und vielleicht auch Charlotte - diesen Traum der gemeinsamen Liebe hatten, den Goethe, auch mit dem traurigen Erwachen, in dem vorliegenden Gedicht thematisiert.

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